Ein Mann mit Brille lächelt ein Tellergericht an.

Zukunft braucht Herkunft

von Julia Matthies
© Landhaus Kehl
In der schönen Rhön, genauer in Tann-Lahrbach im Landkreis Fulda führt die Familie Kehl in vierter Generation ihr gleichnamiges Landhaus mit Hotel und Gasthof. Mit welchen Herausforderungen dies verbunden ist und warum die Familie optimistisch in die Zukunft blickt, darüber hat die Redaktion des Servisa Magazin mit Benjamin Kehl gesprochen..
Eine Gruppe von Menschen im Freien mit Regenschirmen.
Das traditionelle Sommerfest im Park des Landhaus Kehl 
© Landhaus Kehl

Zurück zu den Wurzeln

Als jüngster von drei Brüdern ist der gelernte Koch im Jahre 2012 mit in den Betrieb eingestiegen, sieben Jahre später hat ihm sein Vater Dieter die volle Verantwortung für die Geschäfte übertragen. Wem der Name Kehl bekannt vorkommt, liegt richtig. Benjamins mittlerer Bruder ist der erfolgreiche Fußballspieler und heutige Sportdirektor des Ballspielverein Borussia 09 e. V. (BVB) in Dortmund. Zusammen haben die drei Brüder früher im örtlichen SV Lahrbach zusammen gekickt -Benjamin war körperlich der Kleinste, und für eine Fußballkarriere hätte es nicht gereicht. "Und weil ich immer Fußballer oder Koch werden wollte, war die Entscheidung klar“, schmunzelt der 42-Jährige.  

Nach seiner Ausbildung im Goldenen Karpfen Fulda (damals 15 Gault-Millau-Punkte), blieb er der gehobenen Gastronomie treu und wechselte zu Jörg Müller nach Sylt, der damals mit einem Stern und 18 Punkten im „Guide-Michelin" ausgezeichnet war. Es folgten Stationen bei Thomas Bühner und der Villa Hammerschmiede in Karlsruhe. „Besonders die Zeit bei Jörg Müller hat mich geprägt. Wie er es geschafft hat wirtschaftlich zu arbeiten und gleichzeitig auf hohem Niveau zu kochen, ist eine Erfahrung, die mir heute jeden Tag zugutekommt“, resümiert der Vater von drei Kindern. Mit einem Schatz an wertvollen Erfahrungen kam Kehl dann nach Tann Lahrbach zurück, um seinen Vater zu unterstützen. Beide haben mit der Zeit eine gute Balance gefunden, die Potenziale des Betriebs zu nutzen, für den Uroma Aloisia im Jahre 1920 mit einer klassischen Schankwirtschaft den Grundstein legte. Benjamins Vater Dieter erweiterte in den 1990er Jahren um ein Landhotel und einen Tagungsbereich. 2010, da war Benjamin noch auf der Hotelfachschule, fassten Vater und Sohn den Entschluss, um einen 200 Quadratmeter großen Wellnessbereich zu erweitern. „Die Rhön ist nicht unbedingt ein Reiseziel für Familien. Deshalb haben wir uns auf die Best-Ager ausgerichtet und es war klar, dass wir uns vom puren Grundbedürfnis, Sattmachen und Schlafen‘ hin zu, Genießen und Wohlfühlen‘ entwickeln müssen“, so Kehl. 

Eine Gruppe von Menschen lächelt und posiert für ein Foto.
Benjamin Kehl mit Kindern und Frau Theresa, Chefkoch Phillip Knödler, Dieter Kehl mit Enkel und Marvin Blum
© Landhaus Kehl
Ein Mann mit Brille lächelt einen Teller an.

"Ich möchte nicht aus jedem Euro das Maximale herauspressen. Am Ende gehört Spaß, Selbstverwirklichung und Selbstwert dazu, darum macht man das Alles."

Benjamin KehlLeitung und Inhaber Landhaus Kehl
© Landhaus Kehl

Regional und vielfältig

 2019 übernahm dann Benjamin Kehl das Heft des Handelns zusammen mit seiner Frau Theresa, die sich aus dem operativen Tagesgeschäft aber raushält. „Durch meinen Werdegang rückte natürlich das Thema Kulinarik noch stärker in den Fokus. Die Basis hat allerdings mein Vater gelegt. Mit dem `Rhöner Charme` hat er ja bereits vor 30 Jahren eine Vereinigung von Gastronomen und Lieferanten hier aus der Region gegründet, um das Thema Regionalität und Wertschöpfung voranzutreiben“, so der Küchenmeister. Eine Einstellung, die sich auch auf der Karte des Rhöner Stübchens widerspiegelt. Mit saisonalen und regionalen Angeboten wie Fladunger Rehrücken mit Mairübchen & Kreuzkümmel-Karottenpüree oder lauwarme geräucherte Rhönforelle mit Spargelsalat wird hier eine gehobene, gutbürgerliche Küche serviert. Aber auch Vegetarier werden glücklich: „Jetzt im Mai, bei einem Gericht wie – Gegrillter Spargel mit pochiertem Land-Ei, Bulgur & Chimichurri, da brauchst du kein Fleisch“. Die Lieferpartner der Kehls stammen in großen Teilen aus der Region. „Mir geht es um kurze Wege, vertrauensvolle Partnerschaften und darum, dass die Kaufkraft in der Region bleibt, wo immer es möglich ist“, erklärt Benjamin Kehl. Ein befreundeter Jäger liefert das im Herbst und Winter stark gefragte Wildfleisch, Backwaren kommen ebenfalls aus dem Nachbarort. 

Besondere Events

 Während in Deutschland immer mehr Landgasthöfe dichtmachen, kann die Familie Kehl durch die stetige Weiterentwicklung des Betriebes heute auf mehrere Standbeine zurückgreifen. Dazu gehören die Urlauber, die die klassische Übernachtung mit Halbpension buchen, aber auch jene, die zu einem der vielen Gourmet-Events anreisen, die Benjamin Kehl organisiert oder Wert auf Wellnessbehandlungen legen. Etwa 50 besondere Events organisieren die Kehls pro Jahr neben der a la carte Küche für ihre Gäste. Etwa das Sommerfest, das im Juli im Park des Hotels stattfindet. Dann serviert Benjamin Kehl zusammen mit seinem Küchenchef Philipp Knödler im Park des Hotels ein 20-gängiges Menü unter freiem Himmel. Wer hautnah am Geschehen in der Küche teilhaben möchte, der darf im Landhaus Kehl am „Köche Düsch“ platznehmen. Dort servieren Kehl und sein Team mehrmals monatlich ein Gourmetmenü mit Weinbegleitung und es gibt die Gelegenheit zum Fachsimpeln und direkte Einblicke in die Küche. Hinzu kommt Aloisias Catering Service. Wer lieber im Landhaus Kehl feiern möchte, dem stehen exklusiv das hauseigene Restaurant „Rhöner Stübchen“, einer der drei Tagungsräume oder der malerische Hotelpark samt Zelt zur Verfügung. Ob Zelthochzeit, Grillparty oder exklusives Gourmet-Menü – die Kehls machen’s möglich. Denn die Familie hat nie die Bodenhaftung verloren und sieht sich nach wie vor auch als klassisches Gasthaus. „Ohne Familienfeiern wie den 50. Geburtstag, den wir für den Vorsitzenden unseres Musikvereins ausgerichtet haben, Firmenevents oder Jahreshauptversammlungen hiesiger Vereine könnten wir nicht wirtschaftlich arbeiten“, so Kehl. Für Mutter Eva, die Seele des Hauses, ist es zum Bespiel mitunter ein persönliches Bedürfnis, den Stammgast aus dem Nachbardorf auch mal um 22 Uhr nach Hause zu fahren. „Einfach weil sie das richtig findet, dass der jetzt nicht mehr fährt – weil sie einfach dieses große Herz für alle hat“, erzählt der stolze Sohn.

Ein Teller mit Dessert.
Ob Dessert oder Mehr-Gänge-Menü: Saisonal und Regional sind Trumpf.
© Landhaus Kehl

Echte Partnerschaft

Auch aus dem Grundgedanken der Nachhaltigkeit heraus arbeitet die Familie schon seit vielen Jahren mit Service-Bund Mitglied Flach aus Frielendorf zusammen: „Wenn ich für unsere Hochzeiten im Sommer Rinderfilet benötige, dann kann das die Region kaum stemmen und natürlich rufe ich dann meinen Fachberater an und frage, ob er mir das z. B. von Rodeo liefern kann.“ Aber Flach liefert nicht nur Rinderfilet. Rund 20 Prozent der eingesetzten Produkte stammen von dem Familienunternehmen aus Frielendorf. „Bei Flach begeistert mich vor allem der Service-Gedanke, dass ich mit unserem Fachberater Udo Wischniewski und auch im Innendienst immer einen Ansprechpartner habe und die hohe Qualität der Produkte sowie die Lieferquote“, erklärt Kehl. „Und bei den Flachs und beim Udo kann man eigentlich nicht mehr nur von einem Dienstleister sprechen, das ist schon eher eine partnerschaftliche, freundschaftliche Beziehung.“

Ein gedeckter Tisch in einem Restaurant mit Tischdecke und Tischgeschirr.
Eine der gemütlichen Stuben im Landhaus Kehl.
© Landhaus Kehl

Mit Realismus in die Zukunft

Keine Frage, den Spagat zwischen Gourmet und Gutbürgerlich beherrscht Benjamin Kehl mittlerweile perfekt. Wirtschaftlich läuft es ebenfalls, aber ihm ist auch klar, dass nur eine stetige Weiterentwicklung langfristigen Erfolg bringt. So hat er für Social Media eine Mitarbeiterin in Teilzeit eingestellt und demnächst soll auch eine Online-Buchungsfunktion die Website ergänzen. Denn obgleich auch immer noch viele Gäste telefonisch buchen oder sogar einen Brief schreiben, wollen die Kehls auch jüngere Gäste ansprechen. Ebenfalls ein Thema wird die energetische Sanierung der Fassade sein: „Hier wird immer etwas zu tun sein“, resümiert Benjamin Kehl. Vor allem, falls seine Kinder das Unternehmen irgendwann in die fünfte Generation führen wollen. Mit den beiden Jungs Henry und Leo, die schon fleißig im Unternehmen mitarbeiten, und der kleinen Tilda – da stehen die Chancen dabei nicht schlecht. 

Ein Teller mit Essen auf einem Tisch.
Der Spagat zwischen gutbürgerlich und Gourmet wird im Landhaus Kehl mit Bravour gemeistert.
© Landhaus Kehl
Mehrere Gläser mit Speisen darin.
© Landhaus Kehl
Eine Gruppe von Stühlen in einem Raum
© Landhaus Kehl
Text an einer Wand mit Handschrift und Kalligraphie.
© Landhaus Kehl
  • Mitarbeitende: rund 20
  • Maximale Gästezahl im Restaurant: 150

 https://www.landhaus-kehl-rhoen.de

Landhaus Kehl in der Rhön

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Julia Matthies
Kommunikationsmanager
Julia Matthies
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